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Evolutionsbedingte Untreue (Fremdgehen von Männern UND Frauen)


Im vorigen Abschnitt wurden die Kernpunkte des Genoptimierungs-Modells beschrieben, und mit ihnen evolutionäre Gründe für männliches Sexualverhalten: einerseits möchten sie ihre Gene platzieren, wo immer es möglich ist; andererseits wachen sie eifersüchtig darüber, dass die Partnerin nicht das Erbgut (den Samen) anderer Männer aufnimmt. Zeit, Energie und Fürsorge sollen in den eigenen Nachwuchs investiert werden und nicht in den anderer Männer, was ja eine genetische Fehlinvestition wäre.

Frauen haben ein anderes Einerseits-Andererseits, nämlich einen inneren Ziel-Konflikt: es ist das Dilemma zwischen einerseits dem besten männlichen Genpool und andererseits einem zuverlässigen - und möglichst treuen - Versorger. Denn der genetisch vorgeprägte Wunsch nach einem Alpha-Mann (Typ erfolgreicher Jäger) ist nicht zwingend der fürsorglichste Familienvater. Vielleicht sogar in dieser Zeit noch weniger. Die heutzutage erfolgreichsten „Jäger“ (durchsetzungsstark, machtvoll, vermögend) sind zugleich oft die größten Narzissten. Und die zuverlässigen Versorger sind selten die mit dem kantigen Gesicht und dem symmetrischen Körperbau. Also nicht der Typ maskuliner Mann, zu denen sich Frauen an ihren fruchtbaren Tagen hingezogen fühlen, um damit ihrem Nachwuchs möglichst gute Gene zu sichern. 

Dies belegen auch Erkenntnisse von Wahrnehmungsforschern. So untersuchte ein Forscherteam von der Universität von New Mexico, wie sich die Libido von Frauen im Verlauf des Monatszyklus entwickelt. Dabei stellten sie fest, dass sich das Interesse an Sex mit einem anderen Mann kurz vor dem Eisprung erhöhte, nicht jedoch an Sex mit ihrem Partner. Gestützt wird dieses Ergebnis durch eine Umfrage von zwei britischen Forschern, an der mehr als 3500 Frauen teilnahmen. Auch hier zeigte sich, dass sie bevorzugt an ihren fruchtbarsten Tagen fremdgingen.

Ergänzend dazu konnten Forscher aus Schottland zeigen, welcher Typ Mann zu welchem Zeitpunkt das größte Interesse der Frauen hervorrief. Anhand von am Computer vermännlichten bzw. verweiblichten Männern wurden Frauen gefragt, wen sie für eine feste Beziehung bevorzugten und wen für einen Seitensprung. Das Ergebnis war eindeutig. Unabhängig von der jeweiligen Phase des Monatszyklus wurde der eher feminine Mann für eine Partnerschaft präferiert. Der andere, männlichere Typ hingegen war während der fruchtbaren Tage der klare Seitensprung-Favorit. Und eine weitere Erkenntnis brachte diese Umfrage: Der feminine Mann wird besonders von Single-Frauen bevorzugt, die männlicheren Gesichter sprachen vermehrt die Frauen an, die sich in einer festen Beziehung befanden. 

Eine ganze Reihe plausibler Anhaltspunkte also, warum die Evolution nicht nur Männern Gründe liefert, untreu zu werden.

Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.

(Antoine de Saint-Exupéry)