Kommunikationsstile/-muster sind häufige Beziehungs-Killer
Verschiedene Kommunikationsstile von Frauen und Männern
Neben dem Umgang mit Unterschieden spielt auch eine gelingende Kommunikation eine entscheidende Rolle für das beiderseitige Wohlbefinden in einer Partnerschaft. Für die zahlreichen Missverständnisse und Konflikte, die die meisten Paare in ihrem Beziehungsalltag erleben, sind u.a. grundverschiedene Kommunikationsstile von Männern und Frauen verantwortlich. Die Soziolinguistin Deborah Tannen führt in ihrem lesenswerten Buch „Du kannst mich einfach nicht verstehen“ sehr anschaulich aus, inwiefern frühe Sozialisations-Erfahrungen in Mädchen- bzw. Jungen-Gruppen lebenslange Auswirkungen nach sich ziehen – und zwar sowohl auf die inneren Motive zum Kommunizieren hat als auch auf sehr unterschiedliche Kommunikations- und Verhaltensmuster.
Kurz zusammengefasst lernen Jungen sehr früh in Kategorien von Hierarchie und Status zu denken, was sich sowohl auf die Anlässe zu kommunizieren als auch auf die Ausdrucksformen auswirkt. Demgegenüber betonen Mädchen Gemeinsamkeit und Bindung, auf denen sie Netzwerke gegenseitigen Vertrauens aufbauen. Auf diese Weise nehmen Männer auch Kommunikation eher als konkurrierend bzw. kompetitiv wahr, während Frauen die kooperativen Aspekte von Kommunikation in den Vordergrund stellen.
Kommunikationsmuster und Konfliktprogramme
Hinzu kommen zwei überaus gängige Kommunikations- und Konfliktbewältigungs-Muster in Partnerschaften, die aber in Kombination fast unweigerlich zu rasch eskalierenden Teufelskreisen führen. Das eine ist die mentale Einstellung, mit der fast jeder (egal ob Mann oder Frau) an ständig wiederkehrende Konflikte herangeht bzw. die unterschiedlichen Rollen bei diesen Konflikten bewertet. Diese Einstellung lässt sich etwa wie folgt auf den Punkt bringen: „Ich reagiere ja nur (alternativlos!) auf meinen Partner, während dieser die Wahl hat, sich auch anders zu verhalten.“ Mit anderen Worten wird das eigene Verhalten als zwangsläufige Antwort auf das Verhalten des Partners erlebt. Dieser „fängt ja immer an“ und damit fällt ihm auch die Verantwortung zu, diese Konflikte durch Verhaltensänderungen künftig zu vermeiden.
Diese meist beidseitig vorhandene Sichtweise auf den eigenen Anteil am Konflikt - bzw. auf den des Partners - wird dann noch durch unsere eigenen Konfliktbewältigungs-Programme verstärkt. Wir legen uns nämlich schon bereits sehr früh Strategien zu Recht (in Kindheit und Jugend), wie wir auf unliebsame Ereignisse, Menschen oder Anforderungen reagieren. Diese waren früher in manchen Situationen auch durchaus hilf- und erfolgreich, sonst hätten wir sie nicht gelernt. Und aus Vereinfachungs- und Gewohnheitsgründen wenden wir sie auf eine stetig wachsende Zahl von aktuellen Konfliktsituationen an. Sollten diese jedoch irgendwann mal nicht mehr zum gewünschten Erfolg führen, suchen wir nur höchst selten nach alternativen Lösungsstrategien. In der Regel machen wir „Mehr-Desselben“, d.h. wir intensivieren die bisher nicht wirkenden Konfliktlösungs-Muster. Nach unseren intuitiven Überzeugungen liegt es nämlich nicht an unserer falschen Lösungsstrategie, sondern daran, dass wir sie nicht konsequent genug anwenden.
Von außen betrachtet (also ohne den Stress der eigenen Betroffenheit) ist leicht zu erkennen, dass beide Faktoren zusammen im Fiasko enden müssen. Der Andere müsste sein Verhalten ändern und tut es nicht, also intensivere ich meine bislang erfolglosen Bemühungen, bis er es endlich kapiert. Veranschaulicht an einem „Klassiker“ hört der Mann immer weniger zu, um seiner Frau klar zu machen, dass sie nicht so missionierend mit ihm sprechen soll, während die Frau immer eindringlicher ihre Wünsche und Sichtweisen äußert, um ihn so zum Zuhören zu bewegen. Zu Beginn sind es vielleicht nur Nuancen des „Nicht-Aufmerksam-Zuhörens“ bzw. des „Überzeugen-Wollens“. Doch durch das beidseitige sukzessive Drehen an der Reaktions-Spirale verhärten sich die Fronten immer weiter. Beide denken, dass der andere doch nur aufhören müsste zu …, dann würde man selbst ja auch viel einfacher ….
Hat man diesen Teufelskreis erst mal durchschaut, fällt einem auch eine offensichtliche Konsequenz daraus auf, die ungemein ermutigend sein sollte: Beide können nämlich anfangen, aus diesem Spiel auszusteigen!
Übungen zur Musterunterbrechung
Sollten Sie sich dazu entschließen, empfehle ich für den Anfang eine einfache, aber überaus wirkungsvolle Übung. Trennen Sie konsequent den Austausch von Gefühlen und Meinungen von der Diskussion über Problemlösungen. Dies ist zunächst für Männer eine große Herausforderung! Sie sind es gewohnt, Kommunikation als Mittel der Problemlösung zu betrachten und verstehen sich selbst meist als prädestiniert, dies dann auch gleich zu tun. Aber: Sorgen Sie dafür, dass mindestens 24 Stunden (also einmal drüber schlafen) zwischen Gefühls-/Meinungsaustausch und Diskussion stehen. In dieser Zeit haben Sie die Gelegenheit, das Gehörte zu verarbeiten, ohne sofort wieder in ihre alten Kommunikationsmuster, d.h. Schutz- und Eskalations-Programme, zu verfallen.
Gewöhnen Sie sich dann noch an, immer wenn Sie Ihrem Partner etwas mitteilen wollen, was Ihnen am Herzen liegt, ihn vorher zu fragen: „Hast Du gerade Zeit und Ruhe, um mir zuzuhören?“ Dies ist nicht nur ein Akt von Respekt gegenüber dem Partner, sondern trägt auch dem Umstand Rechnung, dass wir ab einem bestimmten Stressniveau nur noch aus unseren emotionalen Affekten und alten Schutzroutinen reagieren. Auf verstandesmäßige Ressourcen kann in diesem Zustand niemand mehr zugreifen!
Probieren Sie doch einfach mal beides zusammen aus! Was haben Sie schon zu verlieren? Und beobachten Sie dann bitte genau, wie sich dies emotional auf Sie selbst, auf Ihren Partner und auf Ihrer beider Art zu kommunizieren auswirkt.
Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt!
(Albert Schweitzer)